Groß-Gerau, den 29. Januar 2003
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Kommunale Arbeitsgemeinschaft Flughafen, als Vertreterin von rund 50 Kreisen, Städten und Gemeinden im Umfeld des Frankfurter Flughafens, darunter die Landkreise Offenbach, Darmstadt-Dieburg und Groß-Gerau sowie die Großstädte Offenbach, Darmstadt, Mainz und Wiesbaden und der Planungsverband Frankfurt, legt Ihnen im Vorfeld der Bildung einer zukünftigen Landesregierung in Hessen einen Forderungskatalog zur künftigen Flughafenpolitik vor.
Wir erwarten Ihre nachhaltige Unterstützung insbesondere hinsichtlich folgender Anliegen:
Wir fordern weiterhin mit Nachdruck eine Beteiligung der KAG am Regionalen Dialogforum.
Zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit des Flughafens Frankfurt, auch über das Jahr 2015 hinaus, sind die landesplanerischen Ziele im Landesentwicklungsplan so zu formulieren, dass Vorhabensalternativen wie Flughafensysteme, Alternativstandorte oder Kooperationen mit anderen deutschen Flughäfen dargestellt werden.
Unbeschadet dessen darf es am Frankfurter Flughafen auch in Zukunft
- keine neue Start- und Landebahnen,
- keine Spreizung des vorhandenen Parallelbahnsystems,
- keine Landungen auf der Startbahn 18 West,
- keinen Ausbau des Flughafens über den bestehenden Zaun hinaus,
- sowie keine zivile Nutzung des Flughafens Erbenheim geben.
Die Abholzung von Waldflächen insbesondere Bannwald im Umfeld des Flughafens für den Bau von Start- oder Landebahnen sowie anderer Betriebsvorrichtungen wird angesichts der ökologischen Situation im engeren Rhein-Main-Gebiet abgelehnt.
Wir fordern nachdrücklich die zuständigen Stellen auf, die im Raumordnungsverfahren unterbliebene Alternativenprüfung endlich nachzuholen. Die Entscheidung des VGH Kassel zum Landesentwicklungsplan hat der bisherigen landesplanerischen Beurteilung des RP Darmstadt die Basis entzogen. Dies bedeutet, dass derzeit der Flughafenausbau nicht mehr Ziel der Landesentwicklungsplanung ist. Im übrigen hätten im ROV mögliche Standortalternativen geprüft werden müssen.
Die KAG Flughafen fordert die Festsetzung einer maximalen Obergrenze der jährlichen Flugbewegungen. Bereits der Ist - Zustand bringt unzumutbare Belastungen der Region mit sich. Die Zahl der Flugbewegungen am Tag darf keinesfalls weiter erhöht werden; die Zahl der nächtlichen Flugbewegungen muss reduziert werden.
Wir fordern auch weiterhin die zeitnahe Umsetzung eines Nachtflugverbotes in der Zeit von 22.00 – 6.00 Uhr.
Bis dahin ist der Flugverkehr in den Nachtstunden schrittweise deutlich zu reduzieren. Nach wie vor halten wir die Einführung der Lärmkontingentierung in der Form, wie sie ab dem Sommerflugplan 2002 festgelegt wurde, nicht für ein geeignetes Mittel, die nächtliche Fluglärmbelastung tatsächlich zu reduzieren, da die Kontingentierung nicht für die gesamte Nachtzeit gilt.
Alle Bemühungen, schon kurzfristig den Lärm zu reduzieren, sind nachhaltig zu unterstützen. Aktive Schallschutzmaßnahmen müssen immer Vorrang vor passiven haben. Insbesondere sind alle An- und Abflugverfahren unverzüglich mit dem Ziel einer weiteren Lärmreduzierung und eines ausgewogenen Lärmbelastungsausgleiches zu überprüfen.
Bei Kapitel III- Fluggerät muss durch abgestufte Grenzwerte zwischen "lautem" und "leisem" Kapitel III- Fluggerät unterschieden und die bisherigen Flugbe-schränkungen für Kapitel II- Flugzeuge unverzüglich auf "laute" Kapitel III- Flugzeuge ausgedehnt werden.
Das von Fraport Anfang 2002 vorgelegte Schallschutzprogramm und die Erweiterung lt. Bescheid des HMWVL vom 25.11.2002 erachten wir als völlig unzureichend. Wir fordern, den Kreis der betroffenen Kommunen zu erweitern, da der den Berechnungen zugrunde liegende Parameter den tatsächlichen Belastungen der Betroffenen nicht gerecht wird.
Wir fordern noch immer die längst überfällige Novellierung des Fluglärmgesetzes, die auch der Bewertung der Einzelschallereignisse Rechnung trägt. Ersatzweise schließen wir uns der Forderung der ADF (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Fluglärmkommissionen) vom 24.10.02 an und beantragen den Schutz vor Fluglärm in das Bundes – Immissionsschutzgesetz zu integrieren. In jedem Fall muss der Gesetzgeber endlich die neuen Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung berücksichtigen, wonach bereits bei einer Fluglärmbelastung von 60 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts aus präventivmedizinischer Sicht Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten sind (Neufahrner Papier).
Die Abgasemissionen des Luftverkehrs und ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt sind gravierend. Notwendig sind deshalb insbesondere eine deutliche Senkung des CO2-Ausstoßes und des Stickoxid-Ausstoßes sowie die Entschwefelung der Flugzeugtreibstoffe. Wir fordern deshalb die Einführung von abgasbezogenen Landegebühren. Hier bedarf es einer europäischen Regelung.
Die KAG Mitglieder erachten die bisherigen Regelungen zu lärmbezogenen Start- und Landeentgelten als unzureichend. Wir fordern deshalb einen adäquaten Ausgleich für die Städte und Gemeinden, die unter den Nachteilen des Flughafenbetriebes leiden müssen.
Die direkten und indirekten Subventionen des Flugverkehrs müssen gestrichen werden. Entfallen muss insbesondere die Befreiung der Flugzeugtreibstoffe von der Mineralölsteuer. Die umweltbedingten Folgekosten des Luftverkehrs müssen den Verursachern angelastet werden, um Wettbewerbsverzerrungen gegenüber anderen Verkehrsträgern zu verhindern. Auch hier bedarf es einer europäischen Regelung.
Nach wie vor erwarten wir nachhaltige Veränderungen in der verkehrspolitischen Prioritätensetzung im Sinne eines integrierten Verkehrskonzeptes. Hierzu gehört die Forderung nach einer Verlagerung von Kurzstreckenflügen (bis 500 Kilometer) auf die Schiene sowie die Einbindung des Flughafens in das regionale und internationale Schienennetz. Auch hier müssen grenzüberschreitende Regelungen gefunden werden.
Ein optimaler Anschluss des Flughafens an den ÖPNV ist unverzichtbar. Hierzu gehört insbesondere auch der Anschluss der Riedbahn an den Flughafen.
Der vorhandene Gleisanschluss in der Cargo-City-Süd ist für den Frachtverkehr optimal zu nutzen.
Für die im Westkreis Offenbach gelegenen Kommunen ist eine beschleunigte Realisierung der so genannten Westtangente von gleicher Bedeutung.
Seit nunmehr zwölf Jahren besteht unsere Forderung, dass sich der Flughafenbetrieb an den Ergebnissen einer noch vorzulegenden Gesamtbelastungsstudie ausrichtet. Wir wiederholen nachdrücklich die Forderung, diese Studie endlich zu erstellen. Letzteres gilt auch hinsichtlich unserer mehrfach geäußerten Erwartung, dass sich die zuständigen Stellen auf Landesebene durch präzise Untersuchungen der Frage der Auswirkungen der flughafenbedingten Umweltbelastungen auf die Gesundheit der Menschen in der Region und auf die Umwelt annehmen.
Wir erwarten schließlich, dass alle den Flughafen betreffenden Planungen rechtzeitig und umfassend offen gelegt werden. Den kommunalen Gebietskörperschaften auch im weiteren Umfeld des Flughafens ist eine effektive Möglichkeit zur Mitgestaltung, in allen Planungsphasen frühzeitig zu eröffnen.
Zur Diskussion unserer Positionen stehen wir gerne zur Verfügung und erwarten von Ihnen positive politische Signale.
Mit freundlichen Grüßen
(Schmitt) Erster Kreisbeigeordneter und Vorsitzender der KAG Flughafen |
(Luley) Geschäftsleitung |
Lärmkontingente Aktiver Schallschutz KAG-Positionen Landesentwicklungsplan Hessen (LEP) Nachtflugverbot Passiver Schallschutz Schadstoffbelastung
Stellungnahme zur Entscheidung vom 24.09.2001
Rhein-Main-Flughafen ( 22.08.2000 )